Schulische Freizeitpädagogik in Zeiten von Corona

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Forderungen des Betriebsrats der Bildung im Mittelpunkt GmbH an alle EntscheidungsträgerInnen im Betrieb, in der Stadt Wien und im Bund

Aktualisierte Fassung vom 7. Dezember 2020

1) Mehr Personal & kleinere Gruppen

Im freizeitpädagogischen Bereich in Wien werden Volksschulkinder in Gruppen bzw. Klassenverbänden von 19-25 Kindern durch nur eine/n PädagogIn betreut.

Kleinere Gruppen sind zur Verringerung der Ansteckungsgefahr durch Covid-19 unbedingt notwendig und auch wichtig, um Ausfälle durch Quarantäne und Krankenstände abfedern zu können. Auch kann man auf die psychische Belastung und Krisen der Kinder durch die angespannte Gesundheits- und Arbeitsmarktsituation nur in kleineren Gruppen adäquat reagieren.

→ Mehr Personal für die Freizeitpädagogik!

→ Kleinere Klassen / Gruppen!

→ Falls keine kleiner Gruppen: Aussetzen der verschränkten Ganztagsschule, damit Kinder (wenn familiär möglich) früher nach Hause gehen können!

2) Inklusion gewährleisten

Durch Covid19 fallen vermehrt PädagogInnen aufgrund von Freistellungen, Quarantäne und Krankenstände aus. Oftmals wird dann auf die Ressourcen für Kinder mit besonderen Betreuungsbedürfnissen zurückgegriffen Die zusätzlichen PädagogInnen werden so von ihren eigentlichen Aufgaben abgezogen und als Ersatz für Fehlende eingesetzt.  Kinder mit besonderen Betreuungsbedürfnissen aufgrund einer Behinderung, chronischen Krankheiten und/oder psychischer Instabilität brauchen jedoch fixe Bezugspersonen und permanente Begleitung! 

→ Kein regelmäßiger Abzug der Sonder-PädagogInnen von ihrer eigentlichen Aufgabe zum Ausgleich von Personalausfällen! 

3) Wertschätzung und Ehrlichkeit

Die dauernde Beschallung durch die Politik und Medien, dass von Kindern keine/kaum Ansteckung erfolgt (wobei es auch andere Studien gibt und nun immer mehr Fälle in Schulen auftreten), ist respektlos gegenüber allen PädagogInnen, die durch die vorhandenen Rahmenbedingungen ihre Gesundheit und die ihrer Liebsten riskieren. Auch ist in der Öffentlichkeit meist nicht klar, dass während der sogenannten „Schulschließungen“ im Lockdown die Schulen sehr wohl für Betreuung offen waren. In den Covid-19-Leitlinien des Bildungsministeriums wird die ganztägige Schule bzw. die Freizeitpädagogik mit keinem einzigen Wort (!) erwähnt – und das, obwohl diese Schulform mittlerweile in ganz Österreich verbreitet ist.

→ Wir fordern Wertschätzung und Ehrlichkeit, dass unser aller Einsatz (wie in vielen anderen Bereichen in der Bildungs- und Sozialbranche) notwendig ist, aber natürlich immer die Gefahr besteht, sich anzustecken! Applaus alleine reicht nicht!

→ Freizeitpädagogik ist ein elementarer Bestandteil von Schule & Bildung und muss als dieser auch vom Bildungsministerium und allen andren öffentlichen Stellen wahr- und ernstgenommen werden!

4) Mehr Räume für Freizeitpädagogik

In vielen Schulen stehen schon im Normalbetrieb zu wenig Räume für adäquate und pädagogisch sinnvolle Freizeitangebote zur Verfügung. Die Corona-Situation treibt die prekäre Raumsituation in der Freizeitpädagogik auf die Spitze. Kurzfristig braucht es mehr Räume zur Betreuung, um die Ansteckungsgefahr mit Covid-19 zu verringern. An einer ganztägigen Schule sind generell viel zu viele Kinder im Schulhaus über den Tag. Bei der Raumplanung muss grundsätzlich ein Freizeitraum pro Freizeitgruppe mittelfristiges Ziel sein!

→ Alle verfügbaren Räume (Turnsaal, Bibliothek, etc.) an der Schule müssen, auch und gerade in der Corona-Zeit, für die Freizeit verfügbar sein!

→ Zusätzliche Raum-Angebote (durch Anmietungen o.ä.) für die Freizeitpädagogik!

5) Teststrategie & Rücksichtnahme auf Risikogruppen

Wir arbeiten stundenlang unter Nichteinhaltung des Mindestabstands und ohne gute Belüftung – jetzt im Winter verschärft sich dieses Problem zusätzlich. Die Gruppengröße (bis zu 25 Kinder) macht die Einhaltung der Hygienemaßnahmen schwierig bis unmöglich aufgrund des enormen Zeitdrucks (z.B. beim Mittagessen): da zum Händewaschen 30 Sekunden empfohlen sind, dauert es bei nur einem Waschbecken in der Klasse über 10 Minuten!

Tritt ein COVID-Fall bei einem Kind auf, werden weder die anderen Kinder der Gruppe noch die PädagogInnen geschützt, da sie neuerdings alle nurmehr als K2-Personen eingestuft werden. Es gibt daher keine Maßnahmen, die getroffen werden (wie zum Beispiel Quarantäne). Dies schafft ein prekäres Umfeld, dass die Verbreitung fördert.

→ Eine Teststrategie, die Kinder als Kontaktpersonen (K1 bzw. K2) ernst nimmt! 

→ Rücknahme der Verordnung, dass bei positiv getesteten Kindern die Kontaktpersonen nur als K2 gelten!

→ MitarbeiterInnen, die mit einer Person zusammenleben, die zur Covid-19-Risikogruppe gehört, sollen (vor allem bei diesen Infektionszahlen und diesen Rahmenbedingungen) freigestellt werden können (wie LehrerInnen)!

6) Cluster-Risiko reduzieren

Die interne Fortbildung in den Herbstferien und die Herbstcamp-Betreuung in schulübergreifend gemischten Gruppen und PädagogInnen-Teams hat dazu geführt, dass viele KollegInnen Angst vor einer Covid-19-Ansteckung bzw. Ausfall als K1 hatten und dadurch vor einem weiteren Personalengpass. Vor den Semesterferien trifft diese Situation auch noch mit der Grippewelle zusammen.

→ Ein Aussetzen der Fortbildungen in kritischen Corona-Zeiten ist Gebot der Stunde! Statt einem Ausbau der Ferienbetreuung mit erhöhtem Ansteckungs-Risiko sollte auf reduzierten Notbetrieb umgestellt werden!

7) Essensausgabe & Hygiene

An vielen Schulstandorten müssen FreizeitpädagogInnen im Speisesaal Arbeitsaufgaben der Küche übernehmen, damit die verschärften Hygienemaßnahmen eingehalten werden können (Desinfektion, Essensausgabe, etc).  Weder sind wir dafür geschult, gesundheitlich getestet , noch sind solche zusätzliche Tätigkeiten während der eigene pädagogischen Aufgaben möglich!

Darüber hinaus ist der durch befristete Arbeitsverträge verstärkte Druck auf unsere bei der Fa. Dussmann beschäftigten KollegInnen in den Schulküchen, nicht in Krankenstand zu gehen, ein menschliches, hygienisches und pandemiebezogenes Desaster. 

→ Sofort mehr Personal für die Essenausgabe und Hygiene im Speisesaal (Fa. Dussmann bzw. MA 56) angesichts zusätzlicher Aufgaben durch Corona!

→  Es braucht Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal in den Küchen!

8) MitarbeiterInnen und Kinder schützen

Es besteht ein Zuständigkeitswirrwarr bezüglich Schutzausrüstung, Hygieneverantwortlichkeit und der pandemieadäquaten pädagogischen Arbeit zwischen BiM, Schulleitungen, Schulerhalter (MA56), Bildungsdirektion und Bildungsministerium. Die große Diskrepanz zwischen Empfehlungen (z.B. Hygienehandbuch im März…) wie z.B. Abstände, Umgang mit Spielzeug etc. und der Realität stellt uns tagtäglich vor ein unlösbares Dilemma: Vor allem kleinere Kinder kommen zum Kuscheln, wollen getröstet werden, spielen miteinander und können dabei den Abstand nicht einhalten. Freizeit ist nicht (Frontal-)Unterricht, wo Kinder auf fixen Plätzen sitzen, sie können nicht stundenlang „funktionieren“. Doch auch PädagogInnen haben das Recht auf Schutz, der unter diesen Rahmenbedingungen nicht gewährleistet ist!

→ FFP2-Masken endlich in ausreichender Stückzahl für alle, die welche brauchen!

→ Luftfilter in allen Betreuungsräumen mit Filtern zur Senkung der Viruslast!

→ Rahmenbedingungen, die eine pandemieadäquate pädagogische Freizeit ermöglichen!

9) Maskenpause

Oftmals kann der Mindestabstand nicht gewahrt werden und PädagogInnen müssen zum Schutz der Kinder und zum Eigenschutz längere Zeit Maske tragen bzw. kommt es möglicherweise zu durchgehender Maskenpflicht in der Schule:

→ Alle zwei Stunden sollen sich Beschäftigte mit Maskenpflicht für 15 Minuten zurückziehen und dort die Maske abnehmen können! 

10) Zugang zu digitaler Infrastruktur

Corona bringt einen Digitalisierungsschub an der Schule. Die Ausstattung an den Schulen mit digitalen Geräten für FreizeitpädagogInnen ist jedoch seit längerem vollkommen mangelhaft. Oftmals müssen sich über ein Dutzend PädagogInnen einen PC teilen.

→ Es braucht ausreichend Zugang zu Laptops und PCs an den Schulstandorten! 

11) Vorbereitungsstunden

Für den Zusatzaufwand ständig wechselnder Planung und allgemein angesichts der vielen Planungs- und Dokumentationsaufgaben, die wir zusätzlich neben unserer praktischen Vorbereitung haben, brauchen FreizeitpädagogInnen mehr Zeit!

→ Mehr freie Vorbereitungsstunden!

12) Auszeiten & Arbeitszeitverkürzung

Schon im „Normalbetrieb“ ist die psychische Belastung und die Arbeitsintensivierung in unserer Branche sehr hoch. Corona treibt dies auf die Spitze. Die BiM muss auf ihre MitarbeiterInnen verstärkt aufpassen und sie schützen: Also den Beschäftigten z.B. auch eine Auszeit ermöglichen – denn seit September rennen alle wie im Hamsterrad. 

→ Regelmäßige freie Auszeiten und Arbeitszeitverkürzung auf die 35-Stundenwoche, um die eigene psychische und physische Gesundheit zu erhalten!

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