Mit der Durchsetzung des Kapitalismus einher ging zunächst eine gewaltige Ausdehnung der Arbeitszeit. Ein englischer Bauer um 1300 etwa, mußte ungefähr 1.500 Stunden im Jahr arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Und damit doch erklecklich weniger als ein/e heutige/r Normalarbeitende/r.
I)
Zudem
strotzte der mittelalterliche Kalender noch vor Feiertagen. Rund 1/3
des Jahres war von Feiertagen geprägt. In Spanien sollen es sogar fünf
Monate gewesen sein.
An der Wiege des Kapitalismus und dem Vorabend
der industriellen Revolution versucht Joseph II. – der erste Habsburger
Kaiser und aufgeklärte Monarch –, die Anzahl der Feiertrage drastisch zu
verringern, indem er alle Festspiele und Feierlichkeiten auf einen Tag,
den zweiten Sonntag nach Ostern legte.
Das revolutionäre
bürgerliche Frankreich führte 1793 einen republikanisch Kalender ein,
der nicht nur eine neue Ära zum Ausdruck bringen und die Spuren des
Christentums ausmerzen sollte, sondern auch um 90 Feiertage
abzuschaffen.
Beides stieß auf erbitterten Widerstand und allerorten auf zivilem Ungehorsam.
Um sich an der Macht halten zu können und beliebt zu bleiben, sah sich
Napoleon zehn Jahre später denn auch gezwungen, wieder den alten
Kalender einzuführen „damit die schönen Mädchen wieder öfter tanzen
dürfen“.
II)
Dessen untangiert, setzte sich mit dem
Einzug des Kapitalismus und seiner industriellen Entwicklungsstufe eine
gewaltige Ausdehnung der Arbeitszeit durch.
Um 1800 herrschten in England und
vergleichbaren Ländern durchschnittliche tägliche Arbeitszeiten von 10
-12 Std. vor, um 1820 dann bereits von 11-14 Stunden. Und um 1830 bis
1860 von gar 14-16 Stunden.
Und das bei einer 6-Tage-Woche (ohne Urlaub)
III)
1830 forderte der utopische Sozialist Robert Owen dann als Erster den 8-Stunden-Tag (unter der Losung): „Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung“.
Der von Marx gerne herangezogene englische Ökonom Nassau William Senior
erklärte in einem „Sachgutachten“ zur „Zehnstundentagsagitation“ wider
dem 12-Stunden-Tag: Wenn die tägliche Arbeitszeit um 1 Stunde reduziert
würde, verschwänden die Reingewinne, wenn gar um 1,5 Stunden auch die
Bruttogewinne …
IV)
Gleichviel kam es in England
1833 zu ersten teilweisen Normierungen der Höchstarbeitszeit
(verbindlich zunächst für die Textilindustrie), da die Rekruten der
Industriebezirke immer weniger „indientauglich“ und immer kleiner wurden
– sprich: weil für die englische Krone immer weniger militärtauglich
wurden.
„Erst seit dem Fabrikgesetz von 1833 … datiert für die moderne Industrie ein Normalarbeitstag“ – so Karl Marx im „Kapital“.
1847 wiederum legte auf dem Hintergrund des Drucks der
Chartistenbewegung das Fabrikgesetz Englands – als Etappenziel auf dem
beschwerlichen Weg zur Durchsetzung des 8-Stunden-Tages – erstmals
verbindlich den 10-Stunden-Tag fest, und schrieb fest, dass in
Großbritannien ab 1.Mai 1848 der 10-Stunden-Tag eingeführt wird und die
Arbeitszeit pro Woche 58 Stunden nicht überschreiten darf.
Die
englischen Kämpfe strahlten über die Grenzen aus und verhalfen den
französischen ArbeiterInnen das Gesetz über den 12-Stunden-Tag als
wesentliches Ergebnis der Februar-Revolution 1848 zu erzwingen.
1849
wurde die Grenze der wöchentlichen Arbeitszeit in England – in einer
Gegenoffensive der Industriellen – (wieder) auf 60 Stunden angehoben.
1850 gelang es dennoch, den 10-Stunden-Tag (der zunächst nur für Frauen
und Jugendliche galt), für alle Arbeiter (wenn auch zunächst nur in der
Textilbranche) gesetzlich zu verankern.
Ähnlich gelagert gelang es
in Kombination des Drucks von unten und taktischer wie kriegsbezogener
Interessenslagen der herrschenden Klasse, auch in Österreich den
12-Stunden-Tag einzuschränken. 1885 wurde dieser unter Kaiser Franz
Joseph wegen seiner gesundheitsschädigenden Auswirkungen in
seinerzeitiger Form in Fabriken abgeschafft (11-Stunden-Tag).
V)
1866 forderte der Genfer Kongress der I. Internationale den 8-Stunden-Tag.
Die 10-Stunden-Bill in England war für Marx ein „Sieg der politischen Ökonomie der arbeitenden Klassen“.
Der 8-Stunden-Tag wiederum die „bescheidene Magna Charta“ der Arbeitenden
1889 beschloss die II. Internationale, dass alle ArbeiterInnen am 1.Mai 1890 international auf die Straße gehen sollten.
An der Wiege des 1. Mai stand die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag.
Weltweit gingen die Arbeitenden unter dem Motto “8 Std. Arbeit – 8 Std.
Freizeit – 8 Std. Schlaf” auf die Straße, um dessen Einführung zu
erkämpfen.
Der erste Teilerfolg im Kampf um den 8-Stunden-Tag gelang
allerdings (und bereits zuvor) in Australien. Die Steinbrucharbeiter im
australischen Victoria erkämpften sich 1856 in Melbourne erstmals den
8-Stunden-Tag bei vollem Lohnausgleich. (Ihre Kollegen in Sydney hatten
diesen sogar schon ein Jahr zuvor, 1855, allerdings mit Lohneinbußen,
errungen.)
VI)
Der Durchbruch gelang mit der
Oktoberrevolution. Gerade einmal ein Monat nach der Oktoberrevolution
führte die junge Sowjetmacht am 11. November 1917 als erstes Land den
generellen 8-Stunden-Tag ein.
Auf den revolutionären Wogen des Jahres 1918 gelang es dann, ihn ab 1. Jänner 1919 auch in Österreich gesetzlich zu verankern.
VII)
1930
schaffte es der US-amerikanische Industrieunternehmerverband nur um
Haaresbreite, die Einführung der 30-Stunden-Woche zu verhindern.
Die Gewerkschaft International Workers of the World (IWW) plädierte gar für einen vierstündigen Arbeitstag.
Im selben Jahr (1930) prophezeite der große John Maynard Keynes, dass
wir dank des technologischen Fortschritts in 100 Jahre, also 2030, nur
mehr 3 Stunden pro Tag arbeiten müssten.
VIII)
Mit
der einhaltenden Durchsetzung des 8-Stunden-Tages avancierte schnell die
Forderung nach der 40-Stunden-Woche zum neuen Kampfziel.
5 statt 6 Tage Arbeit.
In Österreich gelang es diese dann 1975 gesetzlich durchzusetzen.
IX)
Den Urlaub anbelangend, betrug der gesetzliche Urlaubsanspruch bis 1973 nur 10 Arbeitstage. Mit 1976 dann 4 Wochen Urlaub.
1981 wurde schließlich eine stufenweise Anhebung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf 30 Werktage Wochen beschlossen, so dass es seit 1986: 5 Wochen Urlaub sind.
Quelle: komintern.at