Offener Brief von Freizeitpädagoginnen an die Geschäftsführung der BiM

Offener-Brief

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Sehr geehrter Herr Rieder!

Wir sind ausgelaugt. Wir sind erschöpft. Wir sind am Limit. Zwei Jahre Pandemie haben die Situation in der schulischen Tagesbetreuung weiter zugespitzt, mit zu wenig Personal und häufigen Krankenständen. Es gibt viel zu wenig Springerinnen. Dabei stehen wir unter ständigem Druck: Nicht nur durch die auch schon erschöpften Kinder und deren erschöpfte Eltern, nicht nur durch unsere Direktionen. Der Druck wird durch den Umgang unseres Arbeitgebers mit uns noch zusätzlich verschärft.

Unser Job liegt uns am Herzen, genauso wie die Kinder mit denen wir arbeiten. Wir machen eine sehr wichtige Arbeit für die Gesellschaft. Durch unser Engagement können andere Wiener Familien ihrer Arbeit nachgehen. Wir wollen die Eltern nicht hängen lassen, weil wir wissen, wie viel sie durchmachen müssen – viele von uns sind selbst Eltern. Um die eigene Arbeit gut zu machen, fehlt uns neben dem Personal aber die nötige Vorbereitungszeit und Ausstattung sowie das Vertrauen und die Wertschätzung durch unsere Geschäftsführung.

Es braucht den politischen Willen, bundesweit gesetzliche Mindeststandards einzuführen, die bessere Bedingungen in der Pädagogik sicherstellen. Wir gehen daher am 29. März gemeinsam mit den Kolleginnen anderer Betriebe auf die Straße und erwarten von Ihnen, dass die Zeit dieser Betriebsversammlung als Arbeitszeit gewertet wird – wie in allen anderen beteiligten Betrieben.

Um professionelle und pädagogisch hochwertige Arbeit leisten zu können, müssen sich auch in der BiM direkt Dinge ändern, die in Ihrer Verantwortung liegen. Für diese Verbesserung der Arbeitsbedingungen setzt sich auch unser Betriebsrat bereits seit Jahren aktiv ein. Unsere Arbeit wird durch immer mehr Bürokratie, Kontrolle und Vorgaben noch verkompliziert und es wird dabei über uns hinweg entschieden, anstatt uns in Entscheidungen zu unseren Arbeitsbedingungen einzubeziehen. Schließlich sind wir Fachkräfte und wissen daher wo die Probleme liegen. Einerseits traut man uns die Betreuung von riesigen Kindergruppen zu, andererseits traut man uns nicht zu, das Wenige an Vorbereitungszeit, das wir haben, eigenverantwortlich einzuteilen.

Wir sind teilweise kurz vorm Burnout und machen Vorbereitungs-, Nachbereitungs-, Reflexions- und Organisationsarbeit trotzdem auch in unserer Freizeit. Die Krankenstandsrate ist hoch. Währenddessen wird zusätzliche Zeit, die der stressige Schulalltag hergeben würde, mit „Kompensationsaufgaben“ verplant.

Durch unsere verantwortungsvolle Arbeit sollten wir uns das Vertrauen unserer Geschäftsführung verdient haben. Wir wollen gute Bedingungen für uns und unsere Kinder.

Wir werden am 29.03. gemeinsam mit Kolleginnen aus anderen Kinderbildungs- und betreuungseinrichtungen auf die Straße gehen und protestieren. Wir fordern gemeinsam mit ihnen:

  • Verringerung der Kinderanzahl in den Gruppen
  • Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels
  • Ausreichend Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit sowie bezahlte Reflexionszeit
  • Vereinheitlichung durch bundesweite gesetzliche Mindestbedingungen

Wir wissen, dass wir damit nichts Unmögliches verlangen, sondern nur die Beseitigung längst überfälliger Missstände, die unzählige Familien und Kolleginnen betreffen. Wir fordern von Ihnen die umgehende Umsetzung folgender Maßnahmen, die Sie in der BiM direkt verantworten. Nicht als generelle Lösung, sondern als Erste-Hilfe-Maßnahme.

1) Zusätzliche Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit sowie Organisationszeit

  • Mindestens 2 zusätzliche Vorbereitungsstunden in der Woche und Umwandlung aller Vorbereitungszeit in freie Vorbereitungszeit.
  • Eine Stunde Organisationszeit mehr pro Woche.
  • Eine zusätzliche freie Organisationswoche pro Schuljahr.
  • Fixierung der kollektivvertraglichen Konzeptions- und Vorbereitungswoche abwechselnd in den Herbst-, Semester- und Osterferien bei freier Ortswahl.

2) Professionalisierung der Arbeitsbeziehung zwischen Zentrale und uns Pädagoginnen, statt Misstrauen und Kontrolle.

  • Vorbereitete Besuche durch Mitarbeiterinnen der Zentrale, statt überraschende Standortkontrollen. Wir wollen Wertschätzung, Interesse und professionellen kollegialen Umgang auf Augenhöhe erfahren.
  • Tätigkeiten für die Schule müssen als Arbeitszeit akzeptiert werden. Unterlassung des Drucks auf die Teamleitungen, notwendige Mehrstunden innerhalb des Stundenkontingents nicht zu genehmigen.
  • Mehrstundenkontingent für Teamleitungen ohne Einzelgenehmigung durch Regionalmanagement.
  • Ärztliche Krankschreibung erst nach 3 Tagen Krankenstand, wie in anderen Betrieben üblich. Es fehlt das Vertrauen der Geschäftsleitung uns gegenüber: Zur Hausärztin zu müssen wegen einem Tag Migräne, Regelschmerzen oder einer Magenverstimmung ist unwürdig.

3) Bereitstellung der notwendigsten Grundausstattung für professionelle Freizeitpädagogik

Von uns wird erwartet, hochwertige Angebote zu setzten, aber wir haben in der Realität an vielen Schulen gerade mal Buntstifte, Filzstifte, Schere und Papier – Luxus ist schon ein Kleber. Es wird eine große Menge privat gekauft, weil man sich im Endeffekt denkt: „Die Kinder wünschen sich Bügelperlen / Springschnüre / einen Fußball – ich zahle das jetzt aus meiner eigenen Tasche.“

  • Materialbudget: Das von der Stadt für die Freizeitpädagogik zur Verfügung gestellte Geld muss auch von den Freizeitpädagoginnen verwaltet werden. Erhöhung des Materialbudgets mindestens auf das Niveau der Horte der Stadt Wien. Mindestgrundausstattung für Freizeitpädagogik, die von Beginn an zur Verfügung steht und bei Bedarf erneuert wird.
  • Arbeitsmittel für Vorbereitungs- und Dokumentationsarbeiten: Zurverfügungstellung von ausreichend Computern, Druck- und Kopiermöglichkeit sowie Schreibwaren.
  • Wir brauchen Freizeit-(adäquate) Räume für alle Freizeitstunden. Räume, die für ganztägige Betreuung von Kindern geeignet sind: Es muss genug Platz sein, es müssen freizeit- und altersgerechte Möbel zur Verfügung stehen, notfalls müssen Klassenräume multifunktional nutzbar sein.

4) Wir fordern weiterhin eine Arbeitszeitverkürzung und treten für die kollektivvertragliche 35-Stunden Woche ein. BiM-intern kann durch bezahlte Ruhepausen ein Schritt in diese Richtung gesetzt werden.

Für uns Freizeitpädagog*innen stehen die Kinder im Mittelpunkt!

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